This is the second to last set of notes of my lecture on integral transforms.
1. Die Fourier-Transformation
Die Laplace-Transformation ist “einseitig” in dem Sinne, dass sie für Funktionen auf der Halbachse definiert ist. Analog zur
-Transformation ließe sich auch eine zweiseitige Transformation definieren: Für
sei
Für die einseitige Transformation haben wir im vorherigen Abschnitt den Wachstumsindex definiert um die Konvergenzhalbebene der Transformierten zu beschreiben. Untersuchen wir, unter welchen Bedingungen das Integral in der zweiseitigen Transformierten existiert. Dazu spalten wir das Integral (willkürlich) an der Stelle
auf (die Aufspaltung an einer anderen Stelle würde zum gleichen Ergebnis kommen) und stellen die zweiseitige Transformation mit Hilfe der Heaviside-Funktion
als Summe zweier einseitiger dar:
Mit Hilfe der Wachstumsindizes uns
erkennen wir, dass die zweiseitige erste Transformierte für
und die zweite für
existiert. Also existiert die zweiseitige Transformation auf dem Streifen
Schauen wir uns diesen Streifen einmal in ein paar konkreten Beispielen an:
Beispiel 1
- Wir betrachten
. In diesem Fall haben wir
(das Verhalten von
und
ist gleich und sogar exakt exponentiell) und die zweiseitige Laplace Transformation existiert für
. Wir berechnen
In der Tat ist
eine komplex differenzierbare Funktion mit Polen in
welche genau an den Grenzen des Konvergenzbereiches liegen.
- Wir betrachten
in diesem Fall haben wir weder bei
noch bei
exponentielles Abfallverhalten; es gilt
der Konvergenzbereich
ist also leer. Im Fall
, also für
mit
, gilt allerdings
Das Integral existiert also doch auf der gesamten Linie
.
Das Phänomen im zweiten Teil des Beispiels ist in der Tat keine besondere Ausnahme: Für beschränkte Funktionen, die nicht exponentiell schnell bei und
abfallen gilt immer
, trotzdem kann das Integral auf der ganzen Linie
existieren, falls die Funktion
absolut integrierbar ist: Wie oben ergibt sich nämlich
Genau dies führt uns auf die Fourier-Transformation. Bevor wir diese definieren, führen wir noch schnell die -Räume ein, da wir sie in diesen Abschnitt häufiger benötigen:
Definition 2 Für
und
ist der Raum
von Funktionen
definiert durch
Für
definiert man
Das stimmt nicht ganz – korrekterweise besteht der Raum aus Äquivalenzklassen von messbaren Funktionen, die fast überall übereinstimmen und deren Repräsentanten entsprechend integrierbar sind. Im Fall
muss man eigentlich das wesentliche Supremum nehmen. Diese Feinheit spielt für unseren Alltag in der Vorlesung keine große Rolle. Man muss im Wesentlichen nur beachten, dass
-Funktionen nur fast überall bestimmt sind (und so zum Beispiel keine Punktauswertung erlauben). Die
-Räume sind Vektorräume und mit den Normen
sogar Banach-Räume (hierbei ist die Bildung von Äquivalenzklassen wichtig, da es sich sonst nicht um Normen handelt: für gibt es zum Beispiel sonst Funktionen außer
deren Norm Null ist). Der Raum
ist mit dem Skalarprodukt
ein Hilbert-Raum.
1.1. Die Fourier-Transformation auf 
Für Funktionen haben wir schon oben gesehen, dass für absolut integrierbare Funktion (oder anders ausgedrückt, für
) das Integral
für alle
konvergiert. Diese Formel gibt (bis auf eine Konstante) bereits die Fourier-Transformierte. Anders als bei der Laplace-Transformation lässt sich die Fourier-Transformation ohne Probleme auch für Funktionen
definieren und da dies keinerlei Umstände bereitet machen wir das. Für
bezeichen wir mit
das Euklidische Skalarprodukt, mit
bezeichnen wir den Euklidischen Betrag.
Definition 3 (Fourier-Transformation) Sei
und
. Dann ist die Fourier-Transformierte von
in
definiert durch
Die Abbildung
nennen wir Fourier-Transformation.
Im Unterschied zur Laplace-Transformation enthält die Fourier-Transformation noch einen Normierungsfaktor ; seine Bedeutung werden wir später genauer verstehen.
Lemma 4 Die Fourier-Transformation ist als Abbildung von
in den Raum
der stetigen Funktionen (versehen mit der Supremumsnorm
), also
, wohldefiniert, linear und stetig.
Beweis: Der Integrand in der Fourier-Transformation ist für fast alle stetig in
und für fast alle
durch
beschränkt. Es folgt nach dem Satz der dominierten Konvergenz für
:
also
und damit die Stetigkeit von . Die Linearität von
ist klar und die Stetigkeit folgt aus der Abschätzung
Es folgt .
Insbesondere sind Fouriertransformierte von -Funktionen beschränkt.
Bemerkung 5 (Alternative Definitionen der Fourier-Transformation) Es werden andere Definitionen der Fourier-Transformation benutzt die sich in der Normierung unterscheiden. Gebräuchlich sind zum Beispiel folgende Varianten:
Weiterhin kann auch das Minuszeichen im Exponenten weggelassen sein. So ist beim Gebrauch von Tabellen von Fouriertransformierten Vorsicht geboten, ebenso wie beim Nachschlagen von Rechenregeln.
Die Fourier-Transformation verträgt sich gut mit Verschiebungen , mit linearen Koordinatentransformationen
und mit Modulationen
. Verschiebungen kennen wir schon, lineare Koordinatentransformationen und Modultationen definieren wir nun:
Definition 6 Zu
definieren wir
und damit
d.h.
. Zu
definieren wir
und
d.h.
.
Die linearen Koordinatentransformationen hatten wir schon im vorherigen Abschnitt als Skalierung kennengelernt: Für die Einheitsmatrix und
gilt
. Auch die Spiegelung von
lässt sich durch lineare Koordinatentransformation schreiben als
.
Wir sich Verschiebung, Modulation, Koordinatentransformation und Konjugation mit der Fourier-Transformation vertragen, sammelt das folgende Lemma.
Lemma 7 Es sei
,
und
eine reguläre Matrix. Dann gelten folgende Gleichungen:
Beweis: Zuerst überzeuge man sich davon, dass die Operatoren ,
und
sowohl
als auch
in sich selbst abbilden; es sind also alle auftretenden Ausdrücke wohldefiniert. Nach der Transformationsformel für Integrale gilt
Mit folgt die Translationsformel, mit
die Modulationsformel. Die Formel für die lineare Koordinatentransformation folgt ebenso direkt aus der Transformationsformel für Integrale und die Formel für die Konjugation erhält man elementar.
Wie die -Transformation und die Laplace-Transformation erfüllt auch die Fourier-Transformation einen Faltungssatz:
Satz 8 (Faltungssatz) Für
gilt
Beweis: Wir wenden den Satz von Fubini an:
Ganz analog zum Faltungssatz kann man folgendes Lemma beweisen:
An dieser Stelle ist es verlockend, die Aussage des Lemmas als Gleichung von Skalarprodukten zu schreiben. Nach Lemma~7 wäre:
Dies ist allerdings an dieser Stelle nicht erlaubt, da wir die Fourier-Transformation in Definition~3 nur für -Funktionen definiert haben. Dies hatte auch seinen guten Grund, denn für
-Funktionen kann nicht ohne weiteres gesichert werden, dass das definierende Integral existiert. Es erscheint jedoch wünschenswert und wird sich als überaus hilfreich herausstellen, die Fourier-Transformation nicht nur auf dem (nicht einmal reflexiven) Banach-Raum
sondern auf dem Hilbert-Raum
zur Verfügung zu haben.
1.2. Die Fourier-Transformation auf
und 
Die Fortsetzung der Fourier-Transformation auf den Raum erfordert einige Arbeit. Als ersten Schritt untersuchen wir die Fourier-Tranformation auf dem Schwartz-Raum und es wird sich herausstellen, dass dieser ganz besonders gut zur Fourier-Transformation passt. Wir erinnern hier noch einmal an die Definition des Schwartz-Raumes und definieren ihn hier auf
. Dazu benutzen wir die praktische Multiindexschreibweise:
Definition 10 Ein Multiindex
ist ein Vektor von natürlichen Zahlen. Zu
und
schreiben wir
Die
-te Komponente des Vektors
enthält also die Potenz der
-ten Koordinate. Für eine Funktion
schreiben wir
Die
-te Komponente des Vektors
sagt also, wie oft in die
-te Koordinatenrichtung abgeleitet wird. Die Notation
anstelle von
ist ebenso gebräuchlich. Die Ordnung eines Multiindexes
ist
. Entsprechend sagt man auch, dass das Polynom
den Grad
hat und spricht von
auch von einer
-ten Ableitung von
.
Mit Multiindizes lässt sich einfach rechnen, und sie verhalten sich im Wesentlichen wie einfache Indizes. So gilt zum Beispiel
und ebenso
Definiert man noch die Fakultät und für
(was nichts anderes als
,
heißen soll) die Binomialkoeffizienten
, so gelten zum Beispiel der Binomische Lehrsatz
und die Leibniz-Regel
Definition 11 Zu Multiindizes
definieren wir die Funktionale
Der Schwartz-Raum der schnell fallenden Funktionen ist definiert durch
Funktionen
heißen auch Schwartz-Funktionen.
Der Konvergenzbegriff auf dem Schwartz-Raum ist uns ebenfalls schon aus dem vorigen Abschnitt bekannt. Wir formulieren ihn hier noch einmal mit Hilfe der Funktionale :
Definition 12 Eine Folge
im Schwartz-Raum konvergiert gegen
genau dann, wenn für alle Multiindizes
gilt
Bemerkung 13 Für unsere Zwecke ist die Beschreibung der Topologie
durch Folgenkonvergenz ausreichend. Es sei bemerkt, dass die Funktionale
sogenannte Halbnormen auf dem Schwartz-Raum bilden und ihn damit zu einem metrisierbaren, lokal-konvexen Raum machen, welcher sogar ein Fréchet-Raum ist.
Lemma 14 Der Schwartz-Raum ist nichtleer und abgeschlossen bezüglich Ableitungen beliebiger Ordnung sowie punktweiser Multiplikation.
Beweis: Ein Beispiel für eine Funktion in ist
wie sich elementar zeigen lässt. Ist
, so gilt für jeden Multiindex
und daher . Dass mit
auch das Produkt
im Schwartz-Raum liegt, zeigt die Leibnizsche Produktregel denn dann gilt
Es folgt
Der Schwartz-Raum ist in gewisser Weise besonders für die Fourier-Transformation geeignet. Einen ersten Hinweis darauf gibt das folgende Lemma.
Lemma 15 Es sei
,
ein Multiindex und es bezeichne
. Dann gelten die Gleichungen
Beweis: Wir beginnen mit folgenden Hilfsrechnungen:
Mit Hilfe partieller Integration erhalten wir
Durch Vertauschen von Integration und Differentiation ergibt sich
Beide vorangehenden Argumente sind erlaubt, da die Integranden bezüglich beliebig oft differenzierbar und bezüglich
integrierbar sind.
Wir sehen also, dass die Fourier-Transformation eine Differentiation in eine Multiplikation überführt und andersherum. Dies lässt schon vermuten, dass der Schwartz-Raum durch die Fourier-Transformation in sich selbst überführt wird. Bevor wir dies zeigen, beweisen wir noch zwei Lemmas. Im ersten berechnen wir die Fourier-Transformierte der Gauß-Funktion:
Lemma 16 Für die Gauß-Funktion
gilt
das heißt, die Gauß-Funktion ist eine Eigenfunktion der Fourier-Transformation zum Eigenwert eins.
Beweis: Die Gauß-Funktion lässt sich als Tensorprodukt von eindimensionalen Gauß-Funktionen ,
schreiben:
. Mit dem Satz von Fubini erhalten wir
Um die Fourier-Transformierte von zu bestimmen, bemerken wir, dass
der Differentialgleichung
genügt. Wenden wir die Fourier-Transformation auf diese Gleichung an, erhalten wir mit Hilfe von Lemma~15 die Differentialgleichung
. Weiterhin gilt
. Die Funktionen
und
erfüllen also die gleiche Differentialgleichung mit dem gleichen Anfangswert und müssen also nach dem Satz von Picard-Lindelöf gleich sein. Dies zeigt die Behauptung.
Wir wenden uns nun der Tatsache zu, dass die Fourier-Transformation den Schwartz-Raum bijektiv und stetig in sich abbildet.
Satz 17 Die Fourier-Transformation ist eine stetige und bijektive Abbildung des Schwartz-Raumes in sich. Für
gilt die Inversionsformel
Beweis: Nach Lemma~15 gilt für jedes
Also ist mit auch
. Da die Fourier-Transformation linear ist, reicht es, die Stetigkeit in Null zu zeigen. Wir betrachten also eine Nullfolge
im Schwartz-Raum, d.h.~für
gilt
. Das heißt aber, dass dann
und ebenso
für alle
gleichmäßig gegen Null gehen. Daraus folgt, dass die rechte Seite in~(1) gegen Null geht. Insbesondere folgt
und das heißt, dass
eine Nullfolge ist. Dies zeigt die Stetigkeit. Um die Inversionsformel zu zeigen kann man leider nicht den direkten Weg einschlagen und einfach das Doppelintegral in
entsprechend umformen. Man bedient sich eines “konvergenzerzeugenden Faktors”. Außerdem betrachten wir
an Stelle von
. Für zwei beliebige Funktionen
erhalten wir mit Hilfe von Lemma~9 und den Rechenregeln für Translation und Modulation aus Lemma~7 für die Faltung von
und
:
Wählen wir als reskalierte Gauß-Funktion:
mit dem Ziel, die Funktion durch Faltung mit
zu approximieren. Das dies geht, zeigt das folgende Lemma:
Lemma 18 Zu einer Funktion
mit den Eigenschaften
und
definieren wir
Dann gilt für gleichmäßig stetiges und beschränktes
![]()
Beweis: Die sind so normiert, dass gilt
. Außerdem gilt für jedes
, dass
Um die punktweise Konvergenz von gegen
zu zeigen, schätzen wir ab
Nun spalten wir das Integral auf der rechten Seite in die Teile mit und
und schätzen weiter ab: In beiden Fällen ziehen wir das Supremum von
aus dem Integral:
In Gleichung (2) nutzen wir die gleichmäßige Stetigkeit von und bemerken, dass der Term
für
gegen Null geht während der Integral-Term beschränkt bleibt. In (3) nutzen wir die eingangs gemachte Beobachtung, dass das Integral
für
gegen Null geht während der
-Term beschränkt bleibt. Wir notieren also: Für ein
wählen wir
so klein, dass
. Dann wählen wir
so klein, dass
. Insgesamt ergibt sich
was die Behauptung zeigt.
Nach der Rechenregel für lineare Koordinatentransformationen aus Lemma~7 folgt und also auch
. Nach Lemma~16 gilt
und damit auch
. Da
insbesondere beschränkt und stetig ist und außerdem
positiv ist sowie ein auf eins normiertes Integral hat, können wir Lemma~18 anwenden und bekommen für
, dass gilt
Es folgt also
Man beachte, dass wir die Umkehrformel für die Fourier-Transformation auch schreiben können als
Nach der Rechenregel für die Konjugation aus Lemma~7 ergibt sich und wenn wir
statt
einsetzen, folgt insgesamt
Da der Schwartz-Raum eine Teilmenge von ist, und sogar eine “dichte Teilmenge”, können wir die Fourier-Transformation mit einem Standardvorgehen von
auf
fortsetzen. Lemma~9 ist dabei zentral.
Satz 19 Es gibt genau einen stetigen Operator
, welcher die Fourier-Transformation
auf
fortsetzt und für alle
die Gleichung
erfüllt. Weiterhin ist dieser Operator
bijektiv und die Umkehrung
ist eine stetige Fortsetzung von
auf
.
Beweis: Für zwei Funktionen gilt nach Lemma~9 die Gleichung
und insbesondere . Die Fourier-Transformation ist also eine auf einer dichten Teilmenge des
definierte Isometrie. Demnach existiert eine eindeutige stetige Fortsetzung auf den ganzen Raum; diese konstruiert man (nach einem Standardvorgehen) wie folgt: Zu
wählt man eine Folge
von Schwartz-Funktionen mit
in
. Die Fourier-Transformierte von
wird dann als Grenzwert der Folge
definiert. Dazu ist wichtig:
- Dieser Grenzwert existiert, da
nach Definition eine Cauchy-Folge in
ist, und der Operator
eine Isometrie in
ist; also ist auch
eine Cauchy-Folge).
- Der Grenzwert ist unabhängig von der approximierenden Folge (was wiederum an der Isometrie-Eigenschaft von
liegt).
Aufgrund der Symmetrie zwischen und
liefert eine analoge Argumentation den Rest der Behauptung.
Der obige Satz ist auch als Satz von Plancherel bekannt. Streng genommen handelt es sich bei der Fortsetzung von auf
um einen anderen Operator, also den von
nach
. Manchmal werden diese beiden in der Literatur unterschieden und es wird bei
auch von der Fourier-Plancherel-Transformation gesprochen. Wir machen diese Unterscheidung nicht und bezeichnen auch beide Transformationen mit den gleichen Symbolen.
Bemerkung 20 Wie schon eingehend bemerkt, ist die Integralformel
für eine Funktion
nicht anwendbar, da das Integral nicht existieren muss. Ähnlich wie im obigen Beweis kann man die Fourier-Transformation auch von der Menge
auf
fortsetzen. Dabei approximiert man eine
-Funktion
mit einer Folge
von Funktionen
(und der Beweis ist analog zu obigem). Für die Approximation gibt es einen naheliegenden Weg: Wir setzen
für große Argumente einfach auf Null, d.h. wir nehmen
(d.h.
für
und
sonst). Für eine Funktion aus
ist
natürlich immer noch in
; außerdem aber auch noch in
(mit der Cauchy-Schwarz-Ungleichung folgt
). Das heißt, dass die Funktion
für
im Sinne der
Konvergenz gegen
konvergiert. Analoges gilt für die Umkehrformel. Wir werden in Zukunft diese Unterscheidung unter den Tisch fallen lassen und auch für
-Funktionen mit der Integraldarstellung arbeiten. Die Isometrieeigenschaft
impliziert auch, dass für
gilt
welche unter dem Namen Plancherel-Formel bekannt ist.
Die bekannten Rechenregeln aus Lemma~7, die Symmetrierelationen und der Faltungssatz~8 gelten natürlich ebenso für die Fourier-Transformation auf . Die Umkehrformel ermöglicht uns folgende Interpretation der Fourier-Transformation:
Beispiel 21 (Frequenzdarstellung einer Funktion) Für
haben wir nach der Umkehrformel
Man kann also in gewissem Sinne sagen, dass sich
als Überlagerung von komplexen Exponentialfunktionen schreiben lässt und dass weiterhin
angibt, wie sehr die zugehörige Exponentialfunktion
zu
beiträgt. Aus diesem Grund nennt man
auch die Frequenzdarstellung von
(in diesem Zusammenhang nennt man
selbst auch Raumdarstellung oder für
auch Zeitdarstellung).
1.3. Die Fourier-Transformation für temperierte Distributionen
Wie auch schon bei der Laplace-Transformation im vorherigen Abschnitt kann die Fourier-Transformation auch auf Distributionen angewendet werden. Und wiederum wie bei der Laplace-Transformation wird das nicht für alle Distributionen gelingen, sondern nur für die temperierten Distributionen. Wir erinnern an die Definition von temperierten Distributionen:
Definition 22 Mit
bezeichnen wir den Dualraum von
, d.h. den Raum aller linearen und stetigen Funktionale
. Wir nennen diesen Raum den Raum der temperierten Distributionen.
Für uns ist wichtig, dass jede Schwartz-Funktion eine reguläre temperierte Distribution
induziert und zwar auf die bekannte Weise:
Unser Ziel ist es, eine Fourier-Transformation für temperierte Distributionen zu definieren und unser Vorgehen dafür ist wie gehabt: Wir untersuchen, wie die induzierter Distribution einer Fourier-Transformierten aussieht. Nach Lemma~9 gilt
Dies nehmen wir zum Anlass für folgende Definition.
Definition 23 Die Fouriertransformierte von
ist definiert durch
Analog ist die inverse Fouriertransformierte von
gegeben durch
Als erstes Stellen wir fest:
Satz 24 Die Fourier-Transformation
als Abbildung des Raumes der temperierten Distributionen in sich ist bijektiv und wird durch
invertiert.
Beweis: Die Abbildung ist wohldefiniert, da mit
auch
ist. Da mit
in
auch
in
gilt, folgt für
auch
und wir sehen, dass
temperiert ist. Die Inversionsformel folgt direkt aus der Inversionsformel im Schwartz-Raum:
Beispiel 25 Die Delta-Distribution
ist
und ihre Fourier-Transformierte errechnet sich wie folgt
Wir stellen fest, dass die Fourier-Transformierte von
eine reguläre Distribution ist die durch die Funktion
dargestellt wird. Insbesondere ist die Fourier-Transformierte von
die konstante Funktion
.
Das Rechnen mit temperierten Distributionen im Kontext der Fourier-Transformation stellt meist keine große Schwierigkeit dar. Wir illustrieren dies am Beispiel des Faltungssatzes auf :
Satz 26 Für
gilt für fast alle
, dass
Beweis: Wir rechnen “distributionell” und zeigen die Gleichung :
Die Rechenregeln für Fouriertransformierte und Ableitungen aus Lemma~15 gelten analog für Ableitungen im Distributionensinn:
Lemma 27 Es seien
und
und wir bezeichnen
. Ist die distributionelle Ableitung
ebenfalls in
, dann gilt
Ist
, so gilt
Beweis: Auch hier zeigen wir die Gleichung im Distributionensinn. Wir benutzen partielle Integration, Lemma~15 und die Plancherel-Formel~(4) und erhalten für eine Schwartz-Funktion
Die zweite Behauptung folgt analog.
Zur Übung im Umgang mit Distributionen zeigen wir noch die analoge Aussage für temperierte Distributionen:
Lemma 28 Es sei
und
ein Multiindex. Dann gilt
und
Beweis: Wir setzen eine Schwartz-Funktion ein und benutzen Lemma~15:
Die zweite Behauptung zeigt man analog.
Beispiel 29 Grob gesprochen kann man sagen, dass sich (schwache) Differenzierbarkeit einer Funktion in schnellem Abfall der Fourier-Transformierten bei unendlich widerspiegelt. Man betrachte hierzu zum Beispiel die Fouriertransformierten der
-Funktionen
Die Fourier-Transformierte von
hat ein asymptotisches Abfallverhalten wie
bei unendlich; insbesondere ist die Funktion
nicht in
. Für
und
hingegen fallen die Fourier-Transformierten exponentiell; insbesondere ist
für jedes
eine
-Funktion (ebenso für
). Andersherum spiegelt sich das langsame Abfallen von
in einer Nicht-Differenzierbarkeit von
wider.
1.4. Inversion für Transformierte von
-Funktionen
Die Inversion der Fourier-Transformation haben wir schon für Transformierte von Schwartz-Funktionen, von -Funktionen und von temperierten Distributionen in den Griff bekommen. In alles Fällen war es hilfreich, dass die Fourier-Transformation im gleichen Raum landete, d.h. dass die Rücktransformation mit den gleichen Methoden wie die Hintransformation behandelt werden kann. Weiterhin war nur die Inversion der Transformation von Schwartz-Funktionen durch ein Integral gegeben. In den anderen Fällen haben wir mit Approximationen bzw. Fortsetzungen gearbeitet.
In diesem Abschnitt wollen wir zeigen, dass auch für Transformierte von -Funktionen, mit denen wir die Untersuchung der Fourier-Transformation begonnen hatten, eine Inversion möglich ist. Der Einfachheit halber beschränken wir und auf den Fall
, d.h. wir haben es mit Funktionen in
zu tun.
Wir versuchen, ähnlich wie bei der Transformation von -Funktionen vorzugehen: Die Transformierte
einer
-Funktion ist beschränkt, hat aber kein quantifiziertes Abfallverhalten bei
(bzw. keine weitere Integrierbarkeit). Daher hat das Integral
keinen Grund zu existieren. Wir schneiden es daher auf ein beschränktes Intervall zurück und definieren zu
Dies Integral existiert auf jeden Fall (der Integrand ist stetig und beschränkt, das Integrationsintervall in beschränkt). Was wir hier tun ist also, dass wir den Ausdruck für die inverse Transformation annähern. Anders geschrieben: , und wenn der Faltungssatz gelten würde, hätten wir (mit der Schreibweise
)
und damit
Hier würden wir gerne den Grenzübergang machen und dann hoffen, dass
gegen
konvergiert (in geeignetem Sinne, also z.B. in
). Leider ist die Funktion
keine
-Funktion, so dass die die Faltung
im Allgemeinen nur in
liegt und wir also auf diesem Weg keine Konvergenz in
bekommen können.
Eine Umkehrformel gilt jedoch trotzdem – wir bekommen sie jedoch auf etwas anderem Wege. Der Trick besteht darin, dass wir das Integral nicht nur Abschneiden, sonder auch noch den Integranden ein wenig dämpfen:
Satz 30 (Inversion für Transformierte von
-Funktionen) Es sei
und
. Dann konvergiert die Funktion
in
gegen
.
Beweis: Wir definieren die Funktion über ihre Fourier-Transformierte:
Es ist
und daher gilt (analog zur obigen Überlegung)
Aus Aufgabe 30 schließen wir, dass die Invers-Transformierte von die Funktion
ist. Durch Skalierung folgt
Um den Grenzübergang durchzuführen benötigen wir ein Lemma, ähnlich zu Lemma~18:
Lemma 31 Es seien
mit
und zu
definiere
. Dann gilt
Beweis: Mit dem Satz von Fubini folgt
Nun nutzen wir, dass -Funktionen, im “1-ten Mittel stetig sind”, das heißt es gilt
für
. Außerdem gilt
und daher gilt nach dem Satz von der dominierten Konvergenz, dass
was den Beweis abschließt.
Das Lemma ist nun anwendbar mit (und
), denn es gilt
und daher
Es folgt also
Kommen wir schließlich noch zur Inversion der Laplace-Transformation (die wir damals zurückgestellt hatten. Hier müssen wir etwas trickreich vorgehen, da wir eine punktweise Aussage für anstreben:
Wir erinnern uns daran, dass die Laplace-Transformierte einer Funktion
(durch
,
fortgesetzt) gegeben ist durch
Wir untersuchen, wann die Formel
gilt und beginnen mit
Setzen wir und nehmen
(d.h., dass
eine
-Funktion ist), so müssen wir zeigen, dass für eine Funktion
aus
gilt
(falls der Wert definiert werden kann, also z.B. falls
in der Nähe der Nullpunktes stetig ist). Wir spalten das Integral in fünf Teile, nämlich für
in
,
,
,
und
.
- Für die Teile
und
sind für
genügend groß beliebig klein, das
und
(unabhängig von
).
- Die Teile
und
konvergieren für
gegen Null (das sieht man ähnlich wie in Aufgabe 25; diese Tatsache ist auch als Riemann-Lebesgue-Lemma bekannt).
- Der mittlere Teil
läuft unter dem Namen “Dirichlet-Integral” (aber das tun auch andere). Wir schreiben
Das erste Integral ist
Das zweite Integral konvergiert für
gegen Null (wieder nach dem Riemann-Lebesgue-Lemma), falls
auf dem Intervall
eine
-Funktion ist. Dazu braucht man etwas mehr, als dass
stetig ist, es reicht zum Beispiel, wenn
von beschränkter Variation ist.